Nachruf von Prof. Christel Berger, erschienen im „Neuen Deutschland“ vom 23. Mai 2017
Zu ihrem 80. Geburtstag im Januar war sie unterwegs – in Israel, und sie versprach ihren Freunden ein herrliches Fest im Sommer. Kurz nach ihrer Reise machte sich die Krankheit bemerkbar. Waldtraut Lewin starb am 20. Mai.
Sie war eine wundervolle Frau und Schriftstellerin: ein bisschen verrückt und dennoch höchst diszipliniert, klug und gebildet, schreibversessen und phantasievoll. Eigentlich dem Theater und speziell der Oper verpflichtet, wandte sie sich mehr und mehr der Literatur zu. Sie hinterlässt über 70 Bücher: dicke Romane und phantastische Erzählungen, Biographien, Krimis, Hörspiele, Standartwerke wie „Der Wind trägt die Worte. Geschichte und Geschichten der Juden“, Trilogien (mit manchmal einem vierten Teil). Alle spannend, prickelnd, sinnlich. Sie schrieb über Könige („Federico“), starke Frauen und schöne Männer, über Gelehrte, Musiker, über Goethe, Händel, Luther, Anne Frank und andere, über Gegenwärtiges, aber meist Historisches. Schicksale von Juden und von Kindern und Jugendlichen lagen ihr besonders am Herzen. Letztere waren meist die Adressaten ihrer Bücher.
Sie hat sich nicht unterkriegen lassen, als ihre DDR-Verlage wegfielen und sie hat es sich und den Lesern nicht einfach gemacht und sie in nur phantastische Welten entlassen. Da war sie bodenständig und Pädagogin. Sie bestand auf genauer Historie, stimmenden Details und dem Nachdenken darüber, was Menschen können und sich angetan haben.
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